»Flex Work heißt auch, vor Ort sein und in den kreativen Austausch mit dem Team treten«
Arbeitsort und -zeit abhängig von der jeweiligen Aufgabe, der persönlichen Situation und (natürlich) den gesetzlichen wie tariflichen Regelungen wählen – das ist bei Fraunhofer UMSICHT unter dem Schlagwort »Flex Work« seit 2020 möglich. Jetzt wurde die entsprechende Betriebsvereinbarung aktualisiert. Was sich für die Mitarbeitenden ändert und welche Erfahrungen das Institut bislang mit dem flexiblen Arbeiten gesammelt hat – das verraten Medi van Rheinberg und Jana Rolshoven aus unserer Personalabteilung im Interview.
Zum Einstieg eine kurze Orientierung: Was genau bedeutet »Flex Work« bei Fraunhofer UMSICHT?
Jana Rolshoven: Im Sinne unserer Betriebsvereinbarung bedeutet »Flex Work« die orts- und zeitflexible Erbringung dienstlicher Tätigkeiten an einem selbstgewählten Ort innerhalb von Deutschland – zum Beispiel Privatwohnung, Coworking-Space oder betriebliche Arbeitsstätte. Dabei müssen natürlich sowohl die gesetzlichen als auch die tariflichen Arbeitszeitregelungen berücksichtigt werden. Die lassen sich durch eine Betriebsvereinbarung nicht aushebeln.
Medi van Rheinberg: Zusätzlich zu diesem Rahmen ist auch die Teamcharta fester Bestandteil von »Flex Work« bei Fraunhofer UMSICHT. Sie regelt für jede Abteilung, wie das flexible Arbeiten in der Praxis aussieht: Haben wir beispielsweise feste Tage, an denen wir (gemeinsam) vor Ort sind? Wie gestalten wir die Zusammenarbeit im Team? Brauchen wir klar kommunizierte Servicezeiten? Und wie arbeiten wir neue Kolleginnen und Kollegen ein?
Es ist notwendig, dass diese Charta jedes Jahr überprüft und ggfs. an neuen Gegebenheiten angepasst wird. Zum Beispiel für den Fall, dass neue Teammitglieder mit neuen Bedürfnissen und Rahmenbedingungen dazukommen. Wenn gewünscht, kann diese Überarbeitung auch durch eine neutrale Moderation begleitet werden – gerne kann man diesbezüglich die Personalentwicklung hierzu ansprechen.
Die erste Betriebsvereinbarung war seit Oktober 2020 in Kraft. Wie fällt euer Fazit nach vier Jahren »Flex Work« aus?
Medi van Rheinberg: Das fällt in erster Linie positiv aus. Bei uns kommen immer wieder Rückmeldungen an, dass dank »Flex Work« vor allem die Arbeitszufriedenheit gestiegen ist. Das liegt zum Beispiel daran, dass sich berufliche Tätigkeiten und Care-Arbeit – sei es mit Blick auf die Betreuung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen – besser unter einen Hut bringen lassen. Das liegt aber auch daran, dass sich private Termine (z.B. beim Arzt oder bei der Ärztin), Sporteinheiten oder längere Erholungsphasen problemlos in den Arbeitsalltag einbauen lassen. Und – nicht zu vergessen – viele unserer Kolleginnen und Kollegen schätzen es sehr, nicht jeden Tag pendeln zu müssen.
Jana Rolshoven: Auch die Attraktivität von Fraunhofer UMSICHT als Arbeitgeber ist dank »Flex Work« weiter gestiegen. Das ist zumindest das Feedback, was wir in Vorstellungsgesprächen bekommen. Die Tatsache, dass jedes Team auf Basis der Betriebsvereinbarung entscheidet, wie die (Zusammen)Arbeit gestaltet wird, ist für viele eine positive Überraschung. Zudem sind wir jetzt auch für Bewerberinnen und Bewerber interessant, die uns ohne »Flex Work« gar nicht auf dem Schirm gehabt hätten, weil sie für tägliches Pendeln zu weit weg wohnen.
Warum ist eine Überarbeitung der Betriebsvereinbarung notwendig gewesen?
Jana Rolshoven: Die Pilot-Betriebsvereinbarung ist befristet geregelt worden. In dieser Pilotphase haben wir unterschiedliche Arbeitsrealitäten erlebt. Besonders geprägt war die Pilotphase durch die aufgestellten Regeln in der Pandemiezeit. Hierbei hat sich mit Blick auf »FlexWork« in unserer Herangehensweise einiges bewährt, aber es sind auch Lernfelder entstanden. Neben der Nutzung von flexiblen Arbeitsorten heißt »Flex Work« im Sinne des NewWork@Fraunhofer-Models auch, vor Ort sein und in den kreativen Austausch mit dem Team zu treten. Mit der neuen Betriebsvereinbarung wollen wir einen Schritt weit mehr Balance zwischen Homeoffice und Vor-Ort-Arbeiten erreichen. Also das gemeinsame Arbeiten am Institut wieder etablieren und attraktiver gestalten. Hierbei haben wir in dem Team-Charta-Template noch einmal den Kollaborationsaspekt inhaltlich nachgeschärft. Den meisten UMSICHTigen Teams ist es mit Hilfe einer ganzen Palette an Kommunikationstools, die unsere IT zur Verfügung gestellt hat, wunderbar gelungen, auch während Corona im kreativen Austausch zu bleiben. Aber bei manchen Themen ist es einfach besser, wenn man sich vor Ort trifft und persönlich daran arbeitet. Das aktuelle Team-Charta-Template unterstützt dabei, diesen Punkt zu reflektieren und zu vereinbaren.
Medi van Rheinberg: Ergänzend unterstützen wir seitens der Personalentwicklung die Führungskräfte und die Teams mit Entwicklungsmaßnahmen zum Thema Kollaboration wie themenspezifische Trainings, Coachings, Team-Supervision oder in angehenden Konfliktfällen auch mit einem internen oder externen Mediationsangebot. In diesen Formaten werden Führungskraft und Team dabei unterstützt, ihre Zusammenarbeit zu optimieren und Störungen zu reduzieren, um das gemeinsame kreative Arbeiten in einen sehr guten »Arbeits-Flow« zu bringen.
Wie schlägt sich das in der neuen Betriebsvereinbarung nieder?
Medi van Rheinberg: Gerade in den Unterlagen zur Erstellung der Team Charta haben wir den Punkt Kollaboration verstärkt in den Fokus gesetzt. Sprich: Wir empfehlen jeder Abteilung, zu hinterfragen, wie sie die Zusammenarbeit innerhalb des Teams und mit dem Rest des Instituts optimieren können. Das muss im Ergebnis nicht heißen: Ab jetzt sind wir jeden Freitag vor Ort! Das kann auch bedeutet, dass neue Formate für Austausch und Kollaboration eingeführt werden. Seien es agile Elemente oder ein regelmäßiger Teamtag z.B. am Institut oder in einem Coworking-Space. Und auch bei diesem Prozess bieten wir Unterstützung in Form von Moderation oder Supervision an.
Was sind weitere Änderungen an der Betriebsvereinbarung?
Jana Rolshoven: Eine Änderung betrifft unsere Auszubildenden und unsere wissenschaftlichen Hilfskräfte bzw. studentische Angestellte (TVöD). Auch sie sollen – immer in Abstimmung mit ihren Betreuerinnen und Betreuern – die Option haben, »Flex Work« ein Stück weit zu leben. Darüber hinaus nehmen die Themen Datenschutz und IT einen größeren Part ein als bisher.
Medi van Rheinberg: Neu hinzugekommen ist ein Teil zum Onboarding neuer Kolleginnen und Kollegen. Wir empfehlen, zu Anfang sechs Wochen vor Ort am Institut zu arbeiten – entsprechend begleitet von den Teammitgliedern. Unabhängig davon laden wir frischgebackene Mitarbeitende mehrmals pro Jahr zu einem Onboarding-Tag nach Oberhausen. Er bietet Gelegenheit, mehr über das Institut zu erfahren, das UMSICHT-Team noch besser kennenzulernen und sich gut zu vernetzen.
Gibt es schon einen Termin für die nächste Anpassung der Betriebsvereinbarung?
Jana Rolshoven: Die neue Betriebsvereinbarung ist auf vier Jahre befristet. Sprich: Spätestens 2028 knöpfen wir uns das Thema wieder vor. Sollten größere gesetzliche Änderungen anstehen, natürlich auch vorher.