Geothermie

Seismische Messungen zur Erkundung der tiefen Geothermie in Hagen

Pressemitteilung /

Von Samstag, dem 20. Februar, bis zum 24. Februar werden im Auftrag der Kabel Premium Pulp & Paper GmbH aus Hagen zusammen mit der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastruktur und Geothermie IEG zwei seismische Profillinien in den Stadtgebieten von Hagen, Dortmund, Herdecke und Schwerte vermessen. Hintergrund ist das Forschungsprojekt »Geothermale Papiertrocknung«, an dem auch das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT beteiligt ist. Zielsetzung ist dabei, grundsätzlich herauszufinden, ob die zur Papiertrocknung nötige Wärme aus Tiefengeothermie gewonnen werden kann.

Fahrzeug zur seismischen Messung
© Fraunhofer IEG
Spezielle Fahrzeuge nehmen seismische Messungen zur Erkundung tiefer geothermischer Potenziale vor.
Messstrecken
© Fraunhofer IEG
Gemessen wird entlang von zwei Messstrecken – den sogenannten seismischen Profilen –, die jeweils ca. 11 Kilometer lang sind.

Die 2D Seismik-Kampagne ist Teil eines Erkundungsprogramms, mit dessen Hilfe der Aufbau des Untergrundes untersucht wird. Ziel ist es herauszufinden, ob sich der Standort in Hagen eignet, um Erdwärme in 4000 m Tiefe technisch und wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen. Kabel Premium hat sich zum Ziel gesetzt, im Rahmen des Forschungsprojektes »Geothermale Papiertrocknung« und der Vision »Kabel ZERO« große Teile ihrer Prozessdampferzeugung – aktuell jährlich ca. 500.000 MWh auf Basis von Erdgas – zukünftig mit erneuerbaren Energien zu decken. Hierzu soll rund um den Standort in Hagen die Ressource Erdwärme – genauer: tiefe Geothermie in rund 4000 m – erkundet und charakterisiert werden. »Das Vorhaben hilft, die Energiewende in Richtung erneuerbare Energien weiter auszugestalten und zukünftig einen Teil des derzeit für die Papiertrocknung notwendigen fossilen Erdgases zu ersetzen und die CO2- Emissionen zu reduzieren,« so Juha Ebeling, Geschäftsführer der Kabel Premium Pulp & Paper GmbH.

Das Messprinzip

Die Methode der Seismik funktioniert ähnlich wie ein Echolot in der Seefahrt. An der Oberfläche erzeugen spezielle Messfahrzeuge künstliche Schallwellen, die an den verschiedenen Gesteinsschichten im Untergrund reflektiert werden. Die reflektierten Wellen registrieren an der Erdoberfläche empfindliche Messinstrumente, sogenannten Geophone.

Gemessen wird entlang von zwei Messstrecken – den sogenannten seismischen Profilen –, die jeweils ca. 11 Kilometer lang sind. Für ein gutes Untergrundmodell bis in 4000 Meter Tiefe ist es unerlässlich, dass die Messlinien lang genug sind, um eine entsprechende Tiefenauflösung im zentralen Bereich zu erreichen. »Um Informationen über den Untergrund in 4000 Meter Tiefe zu erhalten, gibt es keine alternativen Methoden«, erläutert Dr. Oliver Ritzmann, Geologe vom Fraunhofer IEG.

Während die erste Profillinie vom Nordosten in den Südwesten größtenteils auf der Autobahn A1 (Auffahrt Schwerte bis zum Rastplatz Eichenkamp) verläuft, erstreckt sich die zweite Profillinie von Schwerte-Ergste im Südosten über Dortmund-Syburg und Herdecke bis Dortmund-Kirchhörde im Nordwesten.

Ablauf der Messungen

Die ausführende Firma für die Messkampagne ist die DMT GROUP aus Essen, die über langjährige und vielfältige Messerfahrung verfügt. Die Anregung der seismischen Signale durch die mit Rüttelplatte ausgestatten Kleinlaster findet weitestgehend auf öffentlichen Flächen, Straßen und Wegen statt. Alle 50 Meter befindet sich ein Messpunkt entlang der Strecke, an dem ein ca. zehn Sekunden langes Signal drei Mal innerhalb einer Minute wiederholt wird. Die auftretenden Erschütterungs-Immissionen können im ungünstigsten Fall deutlich spürbar sein, sind aber in keinem Fall gesundheitsschädlich. Während der gesamten Messungen werden die Schwingungen kontinuierlich überwacht und gegebenenfalls korrigiert. Aufgrund langjähriger Erfahrungen mit seismischen Messkampagnen dieser Art ist daher nicht mit Schäden an Infrastruktur oder Gebäuden zu rechnen.

Die Messungen der seismischen Profile wurden durch die zuständige Aufsichtsbehörde, die Bezirksregierung Arnsberg, geprüft und genehmigt. Während des behördlichen Genehmigungsverfahrens wurden die betroffenen Gemeinden und zuständigen Vertreter*innen des Umwelt-, Landschafts- und Naturschutzes eingebunden und ihre Anmerkungen und Anregungen berücksichtigt.

Schon einige Tage bevor die Messfahrzeuge am 20. Februar die Strecke abfahren, verteilen die Expert*innen die Geophone entlang der Strecke. Die etwa 30 Zentimeter großen Geophone sind mit einem Pfahl fest im Boden fixiert. Falls Geophone auf Privatgrundstücken installiert werden, wurden die Eigentümer*innen im Vorfeld angesprochen und schriftliche Genehmigungen eingeholt. Kein Projektangehöriger kommt unangekündigt oder betritt Grundstücke ohne Absprache. Das Einsammeln der Geophone kann ein paar Tage nach dem 24. Februar in Anspruch nehmen.

Aufgrund der laufenden CoViD19-Pandemie kann leider keine Informationsveranstaltung für Anwohner*innen stattfinden. Stattdessen erklären die Expert*innen des Projektes in kurzen Videos den Verlauf und die Ziele der Messkampagne. Videos, Ansprechpersonen und weitere Informationen finden Interessierte online unter www.kabelpaper.de/kabel-zero.


Über das Projekt

Die Kabel Premium Pulp & Paper GmbH untersucht zusammen mit der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG aus Bochum und dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT aus Oberhausen die Möglichkeiten der Erdwärmenutzung aus Tiefen von ca. 4000 Meter am Standort Hagen.

Während das Fraunhofer IEG bis Ende 2022 die Geologie des Untergrundes in 4000 Meter Tiefe untersucht, um abschätzen zu können, in wie weit die Nutzung der Erdwärme mit erwarteten Temperaturen von ~130°C überhaupt möglich ist, entwickelt Fraunhofer UMSICHT dazu verfahrenstechnische Konzepte, um die Wärme, die aus der tiefen Geothermie gewonnen werden kann, in die Prozesse der Papiertrocknung einbinden zu können.

Erst nach Abschluss der seismischen Untersuchung, also nach Messung und detaillierter Auswertung der Daten, können die Projektpartner beurteilen, ob eine Umsetzung und der anschließende Betrieb einer Geothermieanlage in Hagen angestrebt werden sollen.

Das Forschungsprojekt und die seismische Untersuchung werden mit Mitteln des Landes NRW und der Europäischen Union gefördert sowie von der EnergieAgentur.NRW unterstützt.