Die grüne Wasserstoffwirtschaft ist ein zentraler Baustein der Energiewende. In der nationalen Wasserstoffstrategie sind ehrgeizige Ausbauziele festgelegt[1]. Um diese zu erreichen, müssen auf regionaler Ebene erhebliche Wassermengen zusätzlich entnommen werden – zum Beispiel für den ENERGY HUB Port of Wilhelmshaven.
Der ENERGY HUB Port of Wilhelmshaven – ein Verbund aus über 40 Unternehmen – will im Jahr 2031 34,1 Terrawattstunden klimafreundlichen Wasserstoff (pro Jahr) mittels Elektrolyse erzeugen will. Das entspricht einer Leistung von 6,6 Gigawatt[2]. Insgesamt addiert sich die benötigte Wassermenge in Zeiten des maximalen Verbrauchs aller geplanten Anlagen gemäß eine DENA-Berichts von 2022 auf mindestens 4 861 Tonnen pro Stunde im Jahr 2031[3]. Zum Vergleich: Der größte Wasserverband bei Wilhelmshaven – der Oldenburg-Ostfriesische Wasserverband OOWV – hat gemäß Geschäftsbericht 2023 im Durchschnitt 9 026 Tonnen Wasser pro Stunde an seine mehr als eine Million Kunden abgegeben[4]. In Spitzenverbrauchszeiten des ENERGY Hubs wäre es so, als ob der OOWV eine Großstadt mit fast einer halben Millionen Einwohnern zusätzlich versorgen müsste; in einer Region, wo jetzt schon zeitweise die Wassernutzung eingeschränkt wird.
Trotzdem stehen die Wasserstrategie des BMUV[5] und die Energiestrategie des BMWK[6] unverbunden nebeneinander. Da Zuständigkeiten und rechtliche Rahmenbedingungen nicht geklärt sind, resultiert auf Ebene der handelnden Akteure eine Planungsunsicherheit.
Nadelöhr für die Wasserstoffwirtschaft
Einige Regionen setzen vorrangig auf grüne Wasserstofftechnik und an ausgewählten Standorten sind die Planungsprozesse für Wasserstoff-Hubs bereits weit fortgeschritten. Die Planungsunsicherheit kann gerade beim Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft fatale Folgen für die Beteiligten haben. Zwar beschreibt der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in einer aktuellen Studie[7], dass Deutschlands Wasserressourcen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff ausreichen. Doch ist diese Annahme auch für Wasserstoffregionen und regionale Akteure nachvollziehbar, die jetzt schon unter Trockenheit und Wasserknappheit leiden? In manchen Regionen sind Betroffene zurecht beunruhigt, wie eine Studie zur Bewertung von Wasserstoffstandorten in Niedersachsen zeigt[8]. Für den Landkreis Leer etwa wird darin von der Wasserentnahme aus dem Grundwasser abgeraten.
Auch das Wasserstoffbeschleunigungsgesetzt (WassBG) gibt bei einigen Interessensverbänden Anlass zur Kritik. Das WassBG will die Wasserstofftransformation in Deutschland beschleunigen, indem schnelle, vereinfachte und digitalisierte Verfahren für Planung, Genehmigung und Vergabe von Wasserstoffprojekten eingeführt werden. Das Niedersächsische Landvolk befürchtet, dass seine Wasserbedarfe nachrangig behandelt werden und hat diese Sorge im letzten Jahr in einem Brandbrief an die niedersächsischen Bundestagsabgeordneten zum Ausdruck gebracht.[9]
Transparenz und Wissen entschärfen Konflikte und schaffen Planungssicherheit
Zusammen mit Partnern aus den Geistes- und Naturwissenschaften entwickelt Fraunhofer UMSICHT einen Dialogprozess. Der Prozess soll in Wasserstoffmodellregionen mit Wasser- und Energieversorgern, Kommunen und Gesellschaft umgesetzt werden. Parallel dazu erstellen die Fraunhofer-Forschenden Studien zu Verfügbarkeit, Markt, Kosten und Reifegrad von Technologien zur Aufbereitung von verschiedenen Wasserqualitäten für die Elektrolyse. Auch vollständige Standortanalysen werden durchgeführt.
Versorgungslücken: Technologien erschließen alternative Wasserquellen
Fraunhofer UMSICHT identifiziert alternative Wasserquellen, die nicht in direkter Konkurrenz zu Trinkwassergewinnung und Bewässerung stehen. Das können z. B. Abwässer aus der industriellen Produktion und aus kommunalen Kläranlagen oder Brackwasser und andere standortspezifische Wasserquellen sein. Dazu werden Aufbereitungsverfahren vom Labor- bis zum Pilotmaßstab mit dem Ziel entwickelt, sie für die alkalische Elektrolyse oder PEM (Polymer-Elektrolyt-Membran) einzusetzen.