Die grüne Wasserstoffwirtschaft ist ein zentraler Baustein der Energiewende. In der nationalen Wasserstoffstrategie sind ehrgeizige Ausbauziele festgelegt[1]. Um diese zu erreichen, müssen auf regionaler Ebene erhebliche Wassermengen zusätzlich entnommen werden – zum Beispiel für den ENERGY HUB Port of Wilhelmshaven.
Die Deutsche Energieagentur DENA berichtet, dass der ENERGY HUB Port of Wilhelmshaven – ein Verbund aus über 30 Unternehmen – im Jahr 2031 194 Tonnen Wasserstoff pro Stunde mittels Elektrolyse erzeugen will. Das entspricht einer Leistung von 6,51 Gigawatt. Insgesamt addiert sich die benötigte Wassermenge in Zeiten des maximalen Verbrauchs aller geplanten Anlagen gemäß des DENA-Berichts auf mindestens 4 861 Tonnen pro Stunde im Jahr 2031[2]. Zum Vergleich: Der größte Wasserverband bei Wilhelmshaven – der Oldenburg-Ostfriesische Wasserverband OOWV – hat gemäß Geschäftsbericht 2021 im Durchschnitt 9 475 Tonnen Wasser pro Stunde an seine 928 668 Kunden abgegeben[3]. In Spitzenverbrauchszeiten des ENERGY Hubs wäre es so, als ob der OOWV eine Großstadt mit einer halben Millionen Einwohnern zusätzlich versorgen müsste; in einer Region, wo jetzt schon zeitweise die Wassernutzung eingeschränkt wird.
Trotzdem stehen die Wasserstrategie des BMUV[4] und die Energiestrategie des BMWK[5] unverbunden nebeneinander. Da Zuständigkeiten und rechtliche Rahmenbedingungen nicht geklärt sind, resultiert auf Ebene der handelnden Akteure eine Planungsunsicherheit.
Nadelöhr für die Wasserstoffwirtschaft
Einige Regionen setzen vorrangig auf grüne Wasserstofftechnik und an ausgewählten Standorten sind die Planungsprozesse für Wasserstoff-Hubs bereits weit fortgeschritten. Die Planungsunsicherheit kann gerade beim Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft fatale Folgen für die Beteiligten haben. Zwar beschreibt der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in einer aktuellen Studie[6], dass Deutschlands Wasserressourcen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff ausreichen. Doch ist diese Annahme auch für Wasserstoffregionen und regionale Akteure nachvollziehbar, die jetzt schon unter extremer Trockenheit und Wasserknappheit leiden? In manchen Regionen sind Betroffene zurecht beunruhigt, wie eine Studie zur Bewertung von Wasserstoffstandorten in Niedersachsen zeigt[7]. Für den Landkreis Leer etwa wird darin von der Wasserentnahme aus dem Grundwasser abgeraten.
Transparenz und Wissen entschärfen Konflikte und schaffen Planungssicherheit
Zusammen mit Partnern aus den Geistes- und Naturwissenschaften entwickelt Fraunhofer UMSICHT einen Dialogprozess. Der Prozess soll in Wasserstoffmodellregionen mit Wasser- und Energieversorgern, Kommunen und Gesellschaft umgesetzt werden. Parallel dazu erstellen die Fraunhofer-Forschenden Studien zu Verfügbarkeit, Markt, Kosten und Reifegrad von Technologien zur Aufbereitung von verschiedenen Wasserqualitäten für die Elektrolyse. Auch vollständige Standortanalysen werden durchgeführt.
Versorgungslücken: Technologien erschließen alternative Wasserquellen
Fraunhofer UMSICHT identifiziert alternative Wasserquellen, die nicht in direkter Konkurrenz zu Trinkwassergewinnung und Bewässerung stehen. Das können z. B. Abwässer aus der industriellen Produktion und aus kommunalen Kläranlagen oder Brackwasser und andere standortspezifische Wasserquellen sein. Dazu werden Aufbereitungsverfahren vom Labor- bis zum Pilotmaßstab mit dem Ziel entwickelt, sie für die alkalische Elektrolyse oder PEM (Polymer-Elektrolyt-Membran) einzusetzen.