Die Baubranche ist geprägt durch segmentierte und lineare statt ganzheitlichen und zirkulären Prozessen. Das zieht einen hohen Materialverbrauch, erhöhte Kosten, viel Zeit und Aufwand nach sich. Insbesondere die Gebäudedämmung ist ein komplexer Prozess, der das Zusammenspiel verschiedener Planungsparameter erfordert.
Ein Konsortium aus sieben Fraunhofer-Instituten unter der Leitung des Fraunhofer IBP erforscht im Leitprojekt »Bau-DNS« einen ganzheitlichen Ansatz zur Produktivitätssteigerung in der Gebäudesanierung. Die Forschenden verfolgen dafür drei Stränge, die parallel verlaufen und gleichzeitig optimiert werden: durchgängige Datennutzung, nachhaltige Prozesse und systemische Fertigung. Der Bauprozess wird übergreifend gedacht und kombiniert Digitalisierung, Industrialisierung und Automatisierung.
Digital – durchgängige Datennutzung
Ziel des ersten Projektschwerpunkts ist es, eine konsequente Gebäude-Digitalisierung zu entwickeln. Mithilfe eines digitalen Zwillings, der eine konsistente Datenhaltung und -nutzung über den gesamten Lebenszyklus hinweg erlaubt, lassen sich Potenziale zur Produktivitätssteigerung erkennen. Die digitalen Daten des Gebäudes zu Geometrie, Material und Eigenschaften erlauben es, dass nicht nur ein Hersteller Sanierungsmodule produzieren kann, sondern dass parallele Fertigungen möglich sind.
Nachhaltig – zirkulär, CO2-neutral, ressourcenschonend
Im zweiten Forschungsfokus soll der Materialstrom in einen geschlossenen Kreislauf gebracht werden, um letztendlich das Bauwesen in eine Kreislaufwirtschaft zu überführen. Es wird in Zukunft unerlässlich sein, die in Städten gebundenen Wertstoffe wiederzuverwerten. Neben einer recyclingfähigen Planung von Sanierungsmodulen ist vor allem die Information über die verbauten Materialien wesentlich.
Systemisch – individuell, industriell und dezentral
Der dritte Schwerpunkt liegt auf der systemischen und funktionalen Entwicklung nachhaltiger Sanierungsmodule. Ziel ist es hier, aus einem Systembaukasten individueller Modelle zu entwickeln – material- und geometrieoffen. Die parametrisch geplanten Module sollen industriell vorgefertigt und on-site zusammengebaut werden können. Hierzu gehören dann auch die Bereiche Material- und Montagelogistik in der Fabrik und auf der Baustelle.
Aerogele und Pilzwerkstoffe
Fraunhofer UMSICHT bringt in das Projekt »Bau-DNS« insbesondere seine Expertise in den Themenfeldern »Stoffströme und Material« ein, mit dem Fokus, die Zirkularität und CO2-Neutralität von Materialien und Systemen zu erhöhen. Neben konventionellen und marktverfügbaren Materialien erforschen sie aktuell in der Entwicklung befindliche Werkstoffe – beispielsweise Aerogele und Pilzwerkstoffe (substratbasierte Myzelwerkstoffe).
Aerogele und deren Weiterverarbeitung in Kombination mit mineralischen Beschichtungen können im Bausektor z.B. als Hochleistungsdämmstoff zum Einsatz kommen. Fraunhofer UMSICHT erforscht hier kostengünstige und energieeffiziente Herstellungsverfahren. Pilzmaterialien sind besonders nachhaltig und klimafreundlich, da im biotechnologischen Herstellungsprozess Reststoffe zum Einsatz kommen. Das in den Reststoffen gebundenen CO2 verbleibt im Werkstück. Es entsteht ein Verbundwerkstoff ohne Einsatz zusätzlicher Klebstoffe oder Bindemittel. So können neue zirkuläre Stoffkreisläufe und nachhaltige Lösungen für verschiedene und hochwertige Materialanwendungen entstehen – was im Projekt im Kontext der Gebäudedämmung untersucht wird.