Themenverbund »Aktivierung der Stadtwerke«
Wie Stadtwerke die geothermischen Potenziale an ihrem Standort einschätzen können
Als eine kostengünstige, versorgungssicherere und CO2-arme Wärmeversorgungstechnologie rückt tiefe Geothermie aktuell verstärkt in den Fokus. Insbesondere für die Dekarbonisierung von Wärmenetzen kann sie ein wichtiger Lösungsbaustein sein. Wie Stadtwerke die geothermischen Potenziale an ihrem Standort einschätzen können und welche Fördermöglichkeiten es gibt, stand bei der neunten Veranstaltung der Reihe SW.aktiv im Dezember 2022 zur Diskussion. Darüber hinaus berichteten Vertreter zweier Stadtwerke über ihre Erfahrungen bei der Umsetzung von Wärmeversorgung mit tiefer Geothermie. Organisiert und moderiert wurde die digitale Veranstaltung durch Fraunhofer UMSICHT.
Ein Großteil der gut 300 Teilnehmenden kam aus Stadtwerken sowie von Energieversorgern und ist aktuell damit beschäftigt, zu prüfen, welche Rolle Geothermie für die eigene Wärmeversorgung spielen kann. Die wenigsten haben aber bereits seismische Untersuchungen durchgeführt oder geologische Gutachten eingeholt, um das Potenzial genauer zu untersuchen. Das ergab eine Umfrage am Anfang der Veranstaltung.
Als erster Vortragender stellte Dr. Thorsten Agemar vom Leibnitz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) geologische Grundlagen, Informationen zur Datenlage und das GeotIS als Informationsquelle vor. Im Anschluss berichtete Ullrich Bruchmann von der strategischen Bedeutung der Geothermie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Er machte deutlich, dass seitens des Ministeriums die Weichen gestellt werden sollen, um die Nutzung geothermischer Wärme möglichst schnell auszubauen. Insbesondere ging er dabei auf die Explorations- und die Datenkampagne des BMWK ein. Anschließend gab Tobias Roth vom AGFW einen Überblick über Fördermöglichkeiten für Geothermievorhaben in Wärmenetzen im Rahmen der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW).
Im zweiten Block stellten Thomas Jahrfeld von den Stadtwerken München und René Tilsen von den Stadtwerken Schwerin ihre Praxiserfahrungen vor. In München wird bereits seit vielen Jahren Geothermie in der Fernwärme eingesetzt, weitere Vorhaben sind in Planung. Thomas Jahrfeld zeigte auf, wo es mit der Geothermie in München hingehen soll und welche Herausforderungen im urbanen Umfeld zu bewältigen sind. In Schwerin wird die Wärmeproduktion aus Geothermie im kommenden Frühjahr starten. René Tilsen berichtete über aktuelle Erfahrungen und »tanzende Bohringenieure« und ging ausführlich auf die technischen Details der Planungen ein.
Die Möglichkeit zur Fortsetzung der Diskussion auch über das offizielle Veranstaltungsende hinaus wurde von vielen Teilnehmenden genutzt. Viele Rückfragen kamen zur Förderung und zur Datenlage, aber auch zur materiellen Nutzung von Thermalwasser, zu Fündigkeitsrisiken und Vorgehensschritten. Herausforderungen – so der Tenor – liegen vor allem in Finanzierung und Risikoabsicherung, in der Komplexität der Planung und langen Zeithorizonten. Zudem besteht ein hoher Bedarf an Untergrunddaten sowie Erfahrungen und Informationen. Und auch die Vortragenden betonten in ihrem Fazit, dass die individuelle Datenlage der Knackpunkt ist, die für jeden Standort bewertet und im Zweifelsfall durch zusätzlich erhobene Daten untermauert werden muss. Zudem müsse man sich Zeit nehmen, um ein Geothermieprojekt anzugehen. Kurzfristige Lösungen seien nicht möglich. Sich als Stadtwerke mit dem Thema zu befassen sei dennoch unabdingbar, betonte Thomas Jahrfeld abschließend: »Die Wärmewende geht nicht ohne die Geothermie.«
Die Veranstaltungsreihe SW.aktiv
Ausgangspunkte der Veranstaltungsreihe sind drei Forschungsvorhaben, unterstützt vom Projektträger Jülich: SW.Developer, TrafoKommunE und FW-digital. Die dahinterstehenden Organisationen – AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme und Kälte, DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie und Fraunhofer UMSICHT – haben sich zum Themenverbund »Aktivierung der Stadtwerke« zusammengeschlossen.
Zielsetzung: für aktuelle und zukünftige Herausforderungen erfolgversprechende Lösungsansätze zu finden und umzusetzen. Welche Technologien und Konzepte sind in der Praxis erfolgreich getestet worden? Welche Erfahrungen wurden in Demonstrationsprojekten gesammelt und was ist für eine erfolgreiche Umsetzung erforderlich? Wie können neue Produkte und Unternehmensstrategien entwickelt werden?
Dies erfahren Sie in regelmäßigen Workshops der Veranstaltungsreihe SW.aktiv. Alle zwei Monate, jeweils dienstags um 15 Uhr haben Sie die Gelegenheit, erfahrene Projektleiter*innen zu treffen und den regelmäßigen Erfahrungsaustausch zu nutzen. Darüber hinaus bietet die Veranstaltungsreihe die Möglichkeiten, Erkenntnisse und Anforderungen aus der Praxis in die Projektförderung und die Entwicklung der regulatorischen Rahmenbedingungen einzubringen. Der nächste Termin findet am 7. Februar 2023 statt. Thema: »Infrastruktur: Herausforderungen bei der kommunalen Energiewende?«.