Mikroplastik, Kunststoffe und Nachhaltigkeit während der Weihnachtszeit
Weihnachten ist die Zeit der Dekoration, Geschenke, Verpackungen – und somit auch der Kunststoffe, die als Material häufig dafür eingesetzt werden. Im Zusammenhang mit den Umweltproblemen Mikroplastik und Meeresmüll geraten sie jedoch immer mehr in die Kritik. Wie wir auch zu Weihnachten nachhaltiger mit Kunststoffen umgehen und Mikroplastik vermeiden können, erklärt Leandra Hamann vom Fraunhofer UMSICHT.
Ob als Plastiktüte, Strohhalm oder Mikroplastik in der Umwelt: Dass Kunststoffe mittlerweile so stark verbreitet sind, dafür tragen verschiedene Akteure Verantwortung. Die geteilte Verantwortung ergibt sich durch die globale Verteilung, die Komplexität der Problematik und die unterschiedlich involvierten Akteure. Ein Anteil fällt dabei dem Konsumenten zu. Ob Dekoration, Geschenke oder Verpackungen: Anlässlich der Weihnachtszeit haben wir uns deshalb Gedanken gemacht, welche Rolle Mikroplastik in der Weihnachtszeit spielt und wie man als Konsument nachhaltiger mit dem Wertstoff Kunststoff umgehen kann.
1. Advent: Dekoration
Ein kurzes Gedankenexperiment: Sie schlendern gemütlich über den Weihnachtsmarkt Ihrer Stadt und bleiben an einem Stand mit Weihnachtskugeln stehen. Die Verkäuferin freut sich über Ihr Interesse und möchte Ihnen eine schenken. Sie hat zwei Kugeln zur Auswahl: eine aus Plastik und eine aus Glas; beide sehen identisch aus. Für welche würden Sie sich entscheiden?
Wahrscheinlich für die Glaskugel – zumindest lässt sich das aus einer Umfrage vom Fraunhofer UMSICHT ableiten. Die Ergebnisse zeigen, dass Kunststoffe im Vergleich zu anderen Materialien wie Holz, Glas, Stein, Keramik oder Metall als weniger wertig wahrgenommen werden. Über den Grund dafür kann man nur spekulieren. Denn Kunststoffe übernehmen in unserem Alltag nützliche Funktionen, die uns meist nicht bewusst sind. Eigentlich müssten wir uns also freuen, dass die Weihnachtskugel aus Plastik nicht nur leicht, wasserfest und transparent ist, sondern auch günstig und stabil. Welches andere Material vereint diese Eigenschaften?
Mit der Wertigkeit des Materials ist oft nicht nur der monetäre Wert gemeint, sie kann auch ideelle Faktoren miteinschließen. Ein alter Weihnachtsengel Ihrer Großmutter oder der selbstgebastelte Engel Ihres Kindes kann für Sie wertvoller sein als ein teurer, neuer Engel. Wenn wir anfangen würden, auch Kunststoffprodukte als wertvoll wahrzunehmen, könnte das eine Veränderung im Umgang mit diesen nach sich ziehen.
Tipp: Investieren Sie in Dekoration, die für Sie wertig ist und dessen Wert Sie langfristig schätzen. Dies führt dazu, dass Sie sie länger als eine Saison verwenden, reparieren und am Ende korrekt entsorgen oder weiterverschenken. Die lange Nutzung von Materialien ist ein ausschlaggebender Faktor für nachhaltigen Konsum – das gilt auch für Kunststoffprodukte.
2. Advent: Geschenke
Neben Besinnlichkeit, gutem Essen und familiärer Gesellschaft stehen am Weihnachtsabend vor allem die Geschenke im Fokus. Die eine Person kauft sie bereits Wochen im Voraus, jemand anders bestellt sie erst »kurz vor knapp« im Internet. Ein paar grundlegende Fragen stellen sich dabei wohl alle: Was würde dem Beschenkten gefallen? Wie viel darf es kosten? Wo kann ich es kaufen?
Unbeachtet bleiben jedoch meist die Aspekte: Aus welchen Materialien besteht das Geschenk? Wie lange kann es genutzt werden? Kann es repariert und am Ende recycelt werden? Das sollte sich ändern. Denn diese Fragen können helfen, die Nachhaltigkeit eines Geschenks zu verbessern. Dabei spielen ökologische, ökonomische und soziale Aspekte eine Rolle.
2017 gehörten zu den beliebtesten Geschenken Bücher, Spielwaren, Gutscheine, Kosmetikartikel, Lebensmittel, Bargeld, Veranstaltungstickets und Schmuck (statista.de). Pauschal lässt sich nicht beurteilen, ob eine Kategorie nachhaltiger ist als die andere. Doch bei allen gibt es Optionen und Alternativen, die nachhaltig sind. Bei der Auswahl von Geschenken können Sie auf Bioprodukte, Fair-Trade-Labels und Gütesiegel achten, die beispielsweise umweltfreundliche Materialien, Mindestlohn oder lokale Wertschöpfung ausweisen. Wer unsicher ist, kann sich in Ratgebern informieren.
Alternativ zum Neukauf empfiehlt sich auch etwas Gebrauchtes oder Selbstgebasteltes zu verschenken. Oder wie wäre es mit einem Gutschein für eine lokale Aktivität? Ein Gang ins Museum, ein Kurs für 3D-Druck in einer offenen Werkstatt oder eine Führung im nahegelegenen Naturschutzgebiet. Generell gilt: Weniger materieller Konsum bedeutet meist mehr Nachhaltigkeit.
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3. Advent: Mikroplastik
Wo wir es mit Kunststoff zu tun haben, ist Mikroplastik nicht weit. Das gilt in der Weihnachtszeit wie auch sonst im ganzen Jahr. Unter Mikroplastik versteht man allgemein gesagt kleine Kunststoffpartikel und -fasern. Sie sind direkt in Produkten enthalten (Kosmetik, Glitzer aus dem Bastelbedarf etc.) oder entstehen während des Gebrauchs von verschiedenen Produkten (Autoreifenabrieb, Schuhsohlenabrieb, Textilien). Mikroplastik kann also überall dort entstehen, wo Kunststoffe verwendet werden; besonders da, wo sie direkt der Umwelt ausgesetzt sind oder stark beansprucht werden. Denn durch UV-Strahlung, Wasser, mechanische Belastung und Mikroorganismen werden Kunststoffe abgebaut und fragmentieren.
Wer zu Weihnachten beispielsweise ein Vogelhäuschen für den Garten verschenken will, sollte auf Langlebigkeit und umweltfreundliche Materialien achten. Ein anderes Beispiel sind Küchengeräte und Küchenzubehör wie etwa Schneidebretter aus Kunststoff. Hier können kleine Partikel durch die hohe mechanische Belastung durch Messer oder Reibung entstehen. Nach dem Abspülen gelangen die Teilchen dann ins Abwasser. Auch Textilien verlieren im Laufe ihrer Nutzungsphase durch Tragen, Ausschütteln oder Waschen Fasern, die ebenfalls zu Mikroplastik zählen.
Aufgrund der kleinen Partikelgrößen bleiben Mikroplastikemissionen häufig unbemerkt und gelangen unbewusst in die Umwelt. Dort werden sie von Wind und Wasser verteilt und können inzwischen nahezu überall in der Umwelt nachgewiesen werden. Ab da ist es nur noch ein kurzer Weg zu Lebewesen und dem Menschen.
Das kann jeder tun, um Mikroplastik in der Umwelt zu reduzieren:
Vermeiden Sie Kosmetikprodukte, die Mikroplastik enthalten und nutzen Sie Alternativen.
Achten Sie beim Kauf von Produkten aus Kunststoffen auf eine hohe Langlebigkeit.
Fahren Sie defensiv Auto, so erzeugen Sie weniger Reifenabrieb.
Entsorgen Sie Kunststoffabfälle nicht in die Umwelt, denn diese können zu Mikroplastik fragmentieren. Herumliegender Abfall sollte aufgesammelt und in den nächstgelegenen Mülleimer entsorgt werden. Hier ist die Vorbildfunktion ebenfalls wichtig.
Weitere Informationen und Berichte zu Mikroplastik
4. Advent: Verpackungen
Ein Teil der Spannung und Vorfreude am Weihnachtsabend besteht besonders darin, die Geschenke in einer kleinen Zeremonie zu entpacken. Klassischerweise werden Geschenke bei uns in Geschenkpapier und Geschenkband verpackt. Doch dabei bleibt es selten: Hinzu kommen häufig die Verpackung des Herstellers sowie eine dünne Folie zum Schutz des Produkts (z. B. bei Gesellschaftsspielen). In Europa kommen etwa 40 Prozent der Kunststoffe in Verpackungen zum Einsatz, das entspricht gut 20 Millionen Tonnen pro Jahr (Plastics – the Facts 2017, Plastics Europe). Dabei verbleiben Verpackungen besonders zu Weihnachten nur kurze Zeit am Geschenk, bevor entpackt wird und sie danach direkt in den Mülleimer wandern.
Das bunte Geschenkpapier besteht selbst zwar häufig aus Cellulose. Die Farben werden aber meist auf Kunststoffbasis hergestellt. Besonders Geschenkband besteht häufig aus Kunststoffen. Mit diesen Empfehlungen lässt sich der Verbrauch von Kunststoffen bei Verpackungen zu Weihnachten reduzieren:
Verwenden Sie wenig bedruckte Papiere aus Recyclingmaterial.
Nutzen Sie gebrauchtes Zeitungspapier. Dieses kann durch Bemalen noch verschönert und individualisiert werden.
Packen Sie Geschenke in Stofftüten und -beutel, die Teil des Geschenks sind und wiederverwendet werden können.
Benutzen Sie Bänder aus Papier oder Stoff.
Verpackungen sollten nach Gebrauch immer korrekt entsorgen werden, damit sie recycelt werden können.
Darum müssen wir über Kunststoffe in der Umwelt sprechen
Laut der Bundesumweltbewusstseinsstudie 2016 für Deutschland liegt »Plastikmüll in den Weltmeeren« auf Platz eins bei den wahrgenommenen Bedrohungen durch Umweltrisiken – noch vor Abholzung der Wälder, Artensterben und Klimawandel. Doch nicht nur im Meer befinden sich Kunststoffe: Wir finden sie auch am Strand, an Raststätten oder auf dem Bürgersteig. Besonders Mikroplastik verteilt sich global und gelangt in die Luft, ins Wasser und in Lebewesen. Fraunhofer UMSICHT schätzt die Eintragsmenge von Mikroplastik auf etwa 4 kg pro Person im Jahr für Deutschland. Auch wenn das Gefahrenpotenzial noch nicht vollständig geklärt ist, so gibt es doch einige Hinweise auf umweltschädigende Effekte, die zu einer Reduzierung der Mikro- und Makroplastikemission und zum nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen anregen.
Zur Autorin: Leandra Hamann ist auf das Thema Kunststoffe in der Umwelt spezialisiert. Sie arbeitet in der Abteilung Public Relations beim Fraunhofer UMSICHT und ist Co-Autorin der »Konsortialstudie Mikroplastik«.