Dampfturbolader zur Kopplung von Dampf- und Druckluftnetzen

Wie Industrieunternehmen sowohl ihren Primärenergieaufwand als auch ihren CO2-Ausstoß bei der Erzeugung von Druckluft halbieren können

Dampfturbolader

Einbindung des Dampfturboladers zur Nutzung der Druckreduzierung von Prozessdampf zur Erzeugung von industrieller Druckluft.

Automobil-Turbolader

Namensgebend für und konstruktiv-ähnlich zum Dampfturbolader ist der Automobil-Turbolader.

Aufstellfläche für Container-Prüfstände

Aufstellfläche für Container-Prüfstände am Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen.

Projektziel: Entwicklung eines Dampfturboladers zur direkten Erzeugung kostengünstiger Druckluft

In Gewerbe und Industrie werden für diverse Applikationen Dampfnetze betrieben. Diese Netze beinhalten häufig Dampfschienen mit verschiedenen Druckniveaus, wobei die Druckreduzierung zwischen zwei Druckniveaus vorwiegend durch mechanische Drosselungen über Regelventile erfolgt. Zugleich ist der Bedarf an Druckluft in diesen Industrieunternehmen oft hoch. Im Rahmen dieses Projektes wird eine neue Kopplungsmöglichkeit dieser beiden Versorgungsnetze realisiert – und zwar mit Hilfe einer neu zu entwickelnden Turbomaschine. Projektpartner ist die Turbonik GmbH aus Herten, die auf die Herstellung effizienter und kompakter Mikro-Dampfturbinen spezialisiert ist.

Die bisher energetisch ungenutzte Drosselung der Druckdifferenzen kann über eine Dampfturbine zum direkten Antrieb eines Druckluftverdichters verwendet werden. Angelehnt an die Parallelen zum Automobilturbolader wird diese Applikation im Projekt als »Dampfturbolader« bezeichnet. In hohen Leistungsbereichen (mehrere Megawatt mechanischer Leistung) sind solche gekoppelten Turbomaschinen bereits etabliert. Für den Leistungsbereich von deutlich unter einem Megawatt dagegen – trotz der hohen ökologischen Relevanz und der häufig anzutreffenden Anwendungsfälle – sind wirtschaftliche und kompakte Aggregate und standardisierte Einbindungen noch nicht verfügbar. Kleine und mittlere Unternehmen haben somit bisher nicht die Möglichkeit, ihre Dampfnetze zur gekoppelten Drucklufterzeugung zu nutzen.

Die im Projekt »Dampfturbolader – Effizienzsteigerung in Industrieunternehmen durch Kopplung von Dampf- und Druckluftnetzen« demonstrierte modularisierte Container-Bauweise mit integriertem Dampfkessel und Dampfturbolader zeigt, dass sowohl der Standalone Einsatz des Dampfturboladers zum Ersatz bestehenden Dampfreduzierungen als auch die Installation vollständiger Systeme bestehend aus Dampfkessel und Dampfturbolader einfach und platzsparend möglich sind.

Projektnutzen: Primärenergieaufwand und CO2-Ausstoß bei der Erzeugung industrieller Druckluft können nahezu halbiert werden

Der Vorteil eines Dampfturboladers besteht in der Reduktion der Verluste in den Energieumwandlungsketten. Anstelle der Nutzung von elektrischer Energie aus dem Stromnetz zum Antrieb des Elektromotors eines Druckluftkompressors wird durch die direkte Kopplung von Turbine und Verdichter die Energieumwandlungskette wesentlich verkürzt. Getriebelose Dampfturbolader können im Vergleich zu Kompressoren, die aus dem Stromnetz gespeist werden, den Primärenergieaufwand und die CO2-Emissionen halbieren. Bei vollständiger Marktdurchdringung ergäbe sich daraus allein in Deutschland ein erhebliches Einsparungspotenzial von jährlich bis zu 1.3 Mio. t CO2. Aktuelle Veröffentlichungen [1] zeigen, dass die Nutzung von Dampfturbinen zur Generierung von Antriebsenergie derzeit nur im Megawatt-Bereich ökonomisch empfohlen wird, obgleich der Direktantrieb mittels Dampfturbine dem Elektromotor unter ökologischen Gesichtspunkten in allen Fällen deutlich überlegen ist.

Damit Dampfturbolader in der Industrie eingesetzt werden, müssen diese deshalb neben einer hohen Effizienz auch niedrige Investitions- und Betriebskosten aufweisen. Hierzu sind eine einfache und kompakte Bauform sowie standardisierte Schnittstellen für die Systemintegration beim Betreiber notwendig, die in diesem Projekt entwickelt werden. Turbine und Verdichter müssen zur Erzielung hoher Wirkungsgrade speziell für hohe Drehzahlen entwickelt und aufeinander angepasst werden. Gelingt diese Entwicklung, so zeigen Voruntersuchungen, dass Amortisationszeiten von zwei bis drei Jahren realisierbar sind, sodass das enorme ökologische Potenzial aufgrund der guten Wirtschaftlichkeit auch real gehoben werden kann. Zugeschnitten auf die genannten Anforderungen wird im Rahmen des Projekts der Prototyp eines Dampfturboladers gekoppelt mit einem Dampferzeuger als Containerlösung entwickelt, errichtet und erprobt.

 

 [1] M. Waesker, Untersuchung von Dampfturboladern zur Effizienzsteigerung durch Kopplung von Dampf- und Druckluftnetzen, Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, 2021.

Projektpartner

  • Turbonik GmbH

Förderung

Europäische Union + EFRE.NRW

 

Laufzeit: November 2019 bis März 2023

Förderkennzeichen: EFRE-0801804 / KESW-1-2-028A

Website: www.efre.nrw.de