Verbund »Energietechnologien und Klimaschutz« der Fraunhofer-Gesellschaft
Massive Kürzungen der Forschungsförderung bremsen notwendige Innovationen bei Schlüsseltechnologien für die Energiewende
Das Jahr 2024 ist durch eine substanzielle Reduktion der Fördermittel des Bundes für die Projektforschung gekennzeichnet. Die Energieforschung ist davon besonders betroffen. Es zeichnet sich eine Kürzung der verfügbaren Mittel für neue Projekte in Höhe von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ab. Der Verbund »Energietechnologien und Klimaschutz« der Fraunhofer-Gesellschaft warnt vor diesem Hintergrund vor einem massiven Rückgang der Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie bei Technologien für die Energiewende. In dem Verbund sind neun Institute der Fraunhofer-Gesellschaft organisiert, die die anwendungsorientierte Energieforschung maßgeblich vorantreiben.
»Die Forschungsförderung ist für die schnelle und erfolgreiche Umsetzung der Energiewende essenziell. Sie ist Grundlage für die bewährte und erfolgreiche Zusammenarbeit von Unternehmen und Forschungseinrichtungen bei der Entwicklung und Markteinführung neuer Technologien«, führt Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Verbunds »Energietechnologien und Klimaschutz« der Fraunhofer-Gesellschaft und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE aus. »Durch die Kürzungen unterbleiben wichtige Innovationen, die Deutschland dringend benötigt, um seine Klimaziele zu erreichen und um seine Position als führender Standort im Bereich wichtiger Zukunftstechnologien zu erhalten und auszubauen. Zugleich steigt die Gefahr einer wachsenden Abhängigkeit im Bereich dieser Technologien vom Ausland.«
Gegenstand der Kürzungen
Im Haushalt für das Jahr 2024 wurden die Verpflichtungsermächtigungen des Titels »Energieforschung« vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) um 12 Prozent reduziert. Zusätzlich führte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2023, in dessen Folge 60 Mrd. € weniger im Klima- und Transformationsfond (KTF) der Bundesregierung zur Verfügung stehen, zu einer substanziellen Reduktion von Finanzmitteln für die Forschung an Technologien für die Energiewende, unter anderem in Programmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Projektförderung in den Themen Batterie und Wasserstoff. In Summe gehen die Ministerien von einer Verringerung der verfügbaren Mittel für die Projektförderung um bis zu 30 Prozent aus. Für den Haushalt 2025 sind weitere Rückgänge bei der Energieforschungsförderung nicht auszuschließen. Der Einbruch der Fördermittel ist der einschneidendste seit dem Bestehen der Energieforschungsprogramme des Bundes.
Die Mittelkürzungen sind heute schon spürbar. So wurden bereits einzelne vorliegende Anträge nicht bewilligt, die Gelder für das laufende Jahr und die folgenden Jahre benötigen. Zudem pausiert seit Dezember 2023 die Annahme von Anträgen für Forschungsprojekte in den KTF-Förderprogrammen des BMWK. Insgesamt werden bereits für das Jahr 2024 und noch stärker für die Folgejahre signifikant weniger Projektmittel zur Verfügung stehen. »Die aktuellen Kürzungen sind weitreichend und betreffen die ganze Bandbreite der erneuerbaren Energien und der Schlüsseltechnologien des heutigen und zukünftigen Energiesystems: von Windenergie, Photovoltaik und Geothermie über Wasserstoff und Wärme bis hin zu umfassenden Systemlösungen«, ergänzt Prof. Dr.-Ing. Andreas Reuter, stellvertretender Vorsitzender des Verbunds und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme IWES. »Auf Seiten der Forschungseinrichtungen führen die Kürzungen zu Stellenabbau, so dass weniger Personen für die Arbeit in diesen zukunftsträchtigen Industrien qualifiziert werden können.«
Innovationsstau und Fachkräftemangel
Die Bundesprogramme im Bereich der Energieforschung haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viele wichtige Innovationen hervorgebracht. Geförderte Einzelmaßnahmen, vor allem aber die Förderung von Verbundprojekten, die in enger Kooperation zwischen Unternehmen der Wirtschaft und Forschungseinrichtungen durchgeführt werden, haben sich als leistungsfähige Instrumente etabliert, um neue Technologien zügig zu entwickeln und in die Anwendung zu bringen. Das Spektrum der geförderten Vorhaben reicht dabei von der angewandten Grundlagenforschung bis zur Demonstration und Begleitung der Markteinführung.
Aber auch die Ausbildung von Fachkräften findet umfangreich im Kontext der öffentlich geförderten Forschung statt. Beispielhaft zeigt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI, wie sich die Kürzungen der Fördermittel drastisch auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Batterieindustrie auswirken, weil sie den jetzt schon bestehenden Mangel an Fachkräften noch weiter verschärfen werden. In den letzten Jahren wurden laut der Studie allein in Deutschland ca. 15.000 Fachkräfte dafür ausgebildet – maßgeblich in Forschungsförderprojekten der öffentlichen Hand, in denen Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten entstehen. Die Qualifizierung dieser Fachkräfte steht durch die Kürzungen nun auf dem Spiel, obwohl sie dringend benötigt werden. Denn für die Mobilität der Zukunft aber auch für die Stabilität und Zuverlässigkeit der – zunehmend durch fluktuierende erneuerbare Energien gespeisten – Stromnetze der Zukunft werden elektrische Energiespeicher von herausragender Bedeutung sein.
Genau diesem Transfer von Forschungsergebnissen, Lizenzen und qualifiziertem Personal in die Industrie sind die Institute der Fraunhofer-Gesellschaft verpflichtet. Ihre Aufgabe ist, mittels angewandter Forschung und Entwicklung von Zukunftstechnologien, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu sichern und neue Chancen zu eröffnen. Während von den Kürzungen im Haushalt die Grundfinanzierung der Institute nicht betroffen ist, treffen die Einsparungen im Bereich der Projektförderung insbesondere die gemeinsam mit Industrieunternehmen durchgeführten Forschungsprojekte.