Drei Fragen, drei Antworten
»Wasserstoff wird ein Schlüsselbaustein der Energiewende sein«
In der Debatte um den Klimaschutz ist das Thema Wasserstoff omnipräsent: Die Bundesregierung feilt an einer nationalen Wasserstoffstrategie. Thyssenkrupp testet die Stahlproduktion mit Wasserstoff. Doch was ist dran am Hype um den vermeintlichen Energieträger der Zukunft? Eine Einschätzung von Prof. Christian Doetsch, Leiter des Bereichs Energie am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT.
Wasserstoff gilt als Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende. Was ist dran an dieser Aussage?
Christian Doetsch: Wasserstoff wird für den weiteren Fortschritt der Energiewende ein Schlüsselbaustein sein. Aber der Reihe nach: Die Energiewende basiert auf dem Ausbau nachhaltiger, erneuerbarer Energien (EE). Hier werden wir weiterhin hohe Zubauraten realisieren müssen; Wind off-shore und on-shore und natürlich weiterhin auch Photovoltaik. Dies ist die Basis der Energiewende. Da wir inzwischen im Stromsektor mit über 40 Prozent einen respektablen Anteil erneuerbarer Energien haben, müssen wir unbedingt auch den vom Energiebedarf her doppelt so großen Wärmesektor adressieren; hier werden bisher nur ca. 15 Prozent erneuerbare Energien genutzt. Und auch der Verkehrssektor ist ein sehr relevanter Markt, hier beträgt deren Anteil konstant nur ca. 5 Prozent. Gerade im Verkehrssektor wird regenerativer Wasserstoff in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Während Kurzstreckenfahrten batterie-elektrisch erfolgen können, werden für Langstrecken, für den Schwerlastverkehr und für Schiffs- und Flugverkehr in Zukunft auch chemische Energieträger – hier vorrangig Wasserstoff für Brennstoffzellen – eine zentrale Rolle spielen.
Geht es nach Peter Altmaier, wird sich Deutschland im Bereich Wasserstofftechnologie zur weltweiten Nummer 1 entwickeln. Wo liegen die größten Herausforderungen auf dem Weg zu einer (grünen) Wasserstoffwirtschaft?
Christian Doetsch: Die Wasserstofferzeugung erfolgt heutzutage zu über 95 Prozent aus Erdgas, also nicht regenerativ. Als Übergangstechnologie wird über sogenannten »blauen« Wasserstoff diskutiert. Dieser wird auch aus nicht regenerativen Energien gewonnen, aber beispielsweise durch CO2-Abscheidung und -Speicherung klimaneutral. Das langfristige Ziel ist grüner Wasserstoff, der mittels Elektrolyse aus regenerativen Energien gewonnen wird. Herausforderungen sind hier große Elektrolyseure, die flexibel, kostengünstig und effizient Wasserstoff erzeugen können, aber natürlich auch Brennstoffzellen für die Rückumwandlung in Elektrizität für die Mobilität.
Welchen Beitrag kann die Forschung, kann das Fraunhofer UMSICHT leisten, um diese Herausforderungen zu bewältigen?
Christian Doetsch: Das Fraunhofer UMSICHT entwickelt eine Vielzahl von Materialien und Komponenten für Elektrolyseure und Brennstoffzellen. Hierzu gehören neuartige, edelmetallfreie und langlebige Katalysatoren beispielsweise als Ersatz für Platin; diese ermöglichen auch, nicht aufgereinigtes Wasser in Elektrolyseuren einzusetzen, was gerade in weniger entwickelten, aber sonnenreichen Gebieten ein großer Vorteil ist. Als Komponenten werden auch thermoplastische Bipolarplatten und Elektroden entwickelt, die kostengünstiger sind und zugleich einen vereinfachten Aufbau des Gesamtstacks (Elektrolyse und Brennstoffzelle) ermöglichen. Hier bringt das Fraunhofer UMSICHT seine langjährige Erfahrung und patentiertes Know-how aus der Redox-Flow-Batterietechnologie ein; diese hatte ähnliche Anforderungen an den Stackbau und hier konnten wir nicht nur das Gewicht und die Abmaße deutlich verringern, sondern vor allem auch die Assemblierungskosten dramatisch senken. Neben diesen Technologieentwicklungen realisiert das Fraunhofer UMSICHT auch Demonstrationsvorhaben, bei denen die Sektorkopplung mittels Elektrolyse ein Kernbaustein ist.