Zwei Hochtemperatur-ORC-Module am Standort Flörsheim-Wicker im Betrieb
Zur Stromerzeugung aus Abwärme bei kleinen Leistungen ist der ORC-Prozess, ein Dampfkraftprozess mit einem organischen Arbeitsmittel, wettbewerbsfähig. Kleine ORC-Prozesse genießen ein großes Marktinteresse, sind aber unterhalb von 200 Kilowatt Leistung nicht im Markt etabliert. Fraunhofer UMSICHT schließt diese Lücke und entwickelt kleine ORC-Prozesse für den Antrieb durch die Abwärme großer Motoren. Zwei Hochtemperatur-ORC-Module sind am 13. März 2012 am Deponiestandort Flörsheim-Wicker bei Frankfurt in Betrieb gegangen.



Bisher werden Organic Rankine Cycle, kurz ORC-Prozesse weltweit vor allem für die Stromerzeugung im Leistungsbereich zwischen 300 und 2500 Kilowatt (kWel) für Holzheizkraftwerke und geothermische Kraftwerke angeboten. Doch die Nachfrage nach kleineren ORC-Anlagen wächst stetig, die den Leistungsbereich unterhalb 300 kWel zur Stromerzeugung aus (Ab)Wärme erschließen. Der von Fraunhofer UMSICHT konzipierte kleine Hochtemperatur-ORC-Prozess mit direkter Beheizung durch Abgas erzeugt aus der Abgaswärme von Gas-Blockheizkraftwerken (BHKW) zusätzliche Elektroenergie. Damit steigt der Ertrag an Elektroenergie aus derselben Brenngasmenge am Motor um bis zu 10 Prozent gegenüber der Produktion durch den Motor allein.
Inbetriebnahme in Flörsheim-Wicker: Strom für rund 550 Haushalte
Am Deponiestandort Flörsheim-Wicker der RMN GmbH werden zwei Hochtemperatur-ORC-Module des Typs A-100 HT von Fraunhofer UMSICHT eingesetzt. Jedes ORC-Modul ist an zwei Gasmotoren angeschlossen, die mit Deponiegas bzw. Biogas befeuert werden. Durch die Nutzung der heißen Motorenabgase wird in den beiden ORC-Modulen bereits kurz nach Inbetriebnahme jeweils eine zusätzliche Einspeiseleistung von 115 Kilowatt erzielt. Die ORC-Module erzeugen damit jährlich ca. zwei Millionen Kilowattstunden zusätzlichen emissionsfreien Strom aus Abwärme. Dies reicht, um rund 550 Haushalte mit Strom zu versorgen. Die RMN GmbH hat sich mit 750 000 Euro an dem Motoren-ORC-Entwicklungs- und Feldtest-Projekt von Fraunhofer UMSICHT beteiligt und aus dem Projekt heraus diese zwei ORC-Module zum Feldtest erhalten.
Am 13. März 2012 wurden beide ORC-Module offiziell vor Vertretern der an der RMN Rhein-Main Deponienachsorge GmbH beteiligten kommunalen Gesellschafter und der am Projekt beteiligten Mitarbeiter in Betrieb genommen. Den Verlauf des gemeinsamen Feldtestprojektes, das Funktionsprinzip der Anlagen und die bisher erzielten technischen Resultate sowie wirtschaftlichen Erwartungen erläuterten Gerd Mehler und Markus Töpfer, die Geschäftsführer der RMN GmbH, Dr. Carsten Magaß vom Projektträger Jülich als Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und als Fördergeber sowie Dr. Wilhelm Althaus von Fraunhofer UMSICHT. Die Motorabwärmenutzung am Standort Flörsheim-Wicker konnte mit der Inbetriebnahme dieser zwei leistungsstarken ORC-Anlagen erheblich ausgebaut werden.
Zweiter Feldtest geplant: Interessierte Anwender bitte melden
Fraunhofer UMSICHT und sein Vermarktungspartner Dürr Cyplan Ltd. werden die technische Entwicklung der ORC-Module fortsetzen und arbeiten an der Inbetriebnahme der nächsten ORC-Anlagen des laufenden Entwicklungs- und Feldtestprojektes. Eine zweite Feldtestphase mit Platzierung von weiteren zehn Modulen bei interessierten Feldtestpartnern wird derzeit geplant.
Interessierte Anwender wenden sich an Dr. Wilhelm Althaus.
Funktionsprinzip Organic Rankine Cycle
Das Funktionsprinzip eines ORC-Prozesses gleicht dem eines Dampfkraftwerkes. Im Kreisprozess wird das Arbeitsfluid von einer Speisepumpe auf Druck gebracht, dann in einem Verdampfer unter Wärmezufuhr verdampft. Der erzeugte Dampf wird einer Tur-bine zugeführt und dort entspannt. Dabei wird über einen Generator elektrische Leistung erzeugt. Der nach der Turbine entspannte Dampf wird einem Kondensator zugeführt und dort kondensiert. Als Arbeitsfluid des geschlossenen ORC-Kreisprozesses wird ein handelsüblicher Kohlenwasserstoff eingesetzt. Die am Kondensator anfallende Kondensationswärme wird über einen Kühlkreislauf abgeführt oder für Heizzwecke verwendet.
Spezifika des ORC-Prozesses von Fraunhofer UMSICHT
Bei dem von Fraunhofer UMSICHT hergestellten ORC-Prozess mit Antrieb durch heißes Motorenabgas eines Biogasmotors wird ein hocheffizienter, verschleißarmer Turbogenerator ohne Getriebe mit ausschließlich statischen Dichtflächen eingesetzt. Durch den Verzicht auf die Zwischenschaltung eines Thermoölkreislaufes, durch ein hohes Enthalpiegefälle in der Turbine, eine Hocheffizienz-Speisepumpe und prozessinterne Wärmerückgewinnung werden ein hoher Wirkungsgrad und ein niedriger Eigenbedarf erzielt. Durch Verwendung von drei Abgasklappen auf der Abgasseite des ORC-Verdampfers lässt sich der Motor auch unabhängig von der ORC-Anlage betreiben.
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