Fraunhofer-Innovationscluster Bioenergy

Neue Verwertungskonzepte für Biomasse

Pressemitteilung /

Der Mais auf dem Feld ist abgeerntet, das Maisstroh bleibt zurück. Mit einer Landmaschine wird es eingesammelt, getrocknet und direkt am oder auf dem Feld weiterverarbeitet. Erntenah entstehen wertvolle Zwischenprodukte wie Biorohöl oder proteinhaltiger Presssaft – neue Rohstoffe, die für die Energie- oder Chemieindustrie nutzbar sind. Noch keine Realität, aber eine der Zukunftsvisionen des Innovationsclusters »Bioenergy«, der heute (20.9.) offiziell bei Fraunhofer UMSICHT eröffnet worden ist. Ziel des Clusters ist es, die sowohl stoffliche als auch energetische Nutzung von Biomasse zu optimieren – ohne Nutzungskonkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Denn weltweit fallen immense Mengen nasser Biomasse an, die bislang nur beschränkt effizient genutzt werden.

Offizieller Start für den Fraunhofer-Innovationscluster »Bioenergy«.

Große Mengen an Biomasse fallen feucht an, z. B. Gras- und Grünschnitt, Ernterückstände, aber auch Verarbeitungsreste aus land- und forstwirtschaftlicher Produktion bis zu Bioabfällen aus Privathaushalten. Bisher wird vorrangig trockene Biomasse genutzt z. B. zur Treibstoffherstellung, oder aber nasse, lignocellulosearme Biomasse für die Herstellung von Biogas. Die Nutzung nasser und/oder lignocellulosehaltiger Biomasse ist häufig wenig intensiv und effizient. Ein Grund ist der hohe Wassergehalt, wodurch sie einen geringen Heizwert hat und Transport und Lagerung aufwändig sind.

Die Entwicklung effizienter Produktionssysteme für transportwerte und lagerstabile biomassebasierter Zwischenprodukte ist das Ziel des Innovationsclusters »Bioenergy«, das von Fraunhofer UMSICHT initiiert worden ist. Innerhalb der vierjährigen Projektlaufzeit sollen neue Konversionstechnologien u.a. für nasse Biomasse entwickelt werden und damit die verfügbare und verwertbare Menge an Biomasse gesteigert werden. Ein erster Industriepartner ist der Landtechnik-Hersteller CLAAS.

Neuer Standort für Bioenergie

»Fraunhofer-Innovationscluster werden von der Fraunhofer-Gesellschaft innerhalb des 'Pakts für Forschung und Innovationˈ konzipiert und umgesetzt. Sie vernetzen bestehende Strukturen – Forschungseinrichtungen, Industriepartner und Universitäten – und fördern ein zukunftsträchtiges Forschungsgebiet speziell in einer Region. Wir erhoffen uns, dass Fraunhofer UMSICHT im Fraunhofer-Innovationscluster »Bioenergy « zusammen mit seinen Partnern erfolgreiche Konzepte entwickelt, die einen Beitrag zur Deckung des weltweiten Rohstoff- und Energiebedarfs aus Biomasse leisten werden«, sagt Prof. Dr. Ulrich Buller, Forschungsvorstand der Fraunhofer-Gesellschaft. NRW-Forschungsministerin Svenja Schulze fügt hinzu: »Der Innovationscluster ˈBioenergyˈ ist thematisch gut aufgestellt. Er zeigt, dass der Industrie- und Chemiestandort NRW großes Potenzial hat, die Bioökonomie zu etablieren. Er zeigt auch, dass die Antworten auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen regional entstehen, wie z. B. im Ausbau unserer Kompetenzen im Bereich der stofflichen und energetischen Nutzung von Biomasse.«

Mobil und dezentral einsetzbare Verfahren

Die Arbeiten fokussieren auf zwei Fraktionen Biomasse: halmgutartige, die bei der Ernte auf dem Feld anfällt, und Reststoffe aus der Lebensmittelproduktion. Die Fraktionen sollen mit geeigneten technischen Verfahren zu kohlenstoffreichen Zwischenprodukten für die Rohstoff- und Energieversorgung umgewandelt werden. Die neu zu entwickelnden Technologien sollen perspektivisch mobil oder dezentral einsetzbar sein. »Das Landtechnikunternehmen CLAAS sieht eine Herausforderung der Zukunft darin, pflanzliche Reststoffe und Ernterückstände wettbewerbsfähig im Umfeld der anderen erneuerbaren Energien energetisch und stofflich zu nutzen. Dies ist nur in einem entsprechenden Verbund wie dem Innovationscluster Bioenergy mit kompetenten Partnern und dem entsprechenden spezifischen Know-how erfolgreich und ergebnisorientiert zu meistern«, sagt Dr. Hermann Garbers, Konzernleitung CLAAS.

Für die Entwicklung der Technologien steht ein neues Biomassetechnikum bei Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen zur Verfügung. Es verfügt über eine Laboranlage zur Pyrolyse (thermochemische Konversion pflanzlicher Biomasse in ein flüssiges Zwischenprodukt), eine Technikumsanlage zur Pyrolyse, Aggregate zur Trocknung und Konfektionierung von Biomasse, Testanlagen zur Fraktionierung von Presssäften und über eine Laboreinheit für die hydrothermale Carbonisierung (HTC).

Verwertungspfade der Zukunft

Weiterzuentwickelnde Verfahren sind - nach der Trocknung und Fraktionierung - die mobile Pyrolyse und die HTC. Bei der Trocknung und Fraktionierung entstehen beispielsweise Strohpellets, die für die anschließende Pyrolyse eingesetzt werden können. Oder es wird ein Presssaft erzeugt, der in wertvolle Bestandteile, wie Proteine, Kohlenhydrate oder organische Säuren als Einsatzstoffe für die chemische Industrie fraktioniert werden kann. Pyrolyse-Öle können als Beimischung zu normalem Öl in bestehende Raffinerien eingeleitet werden und so Erdöl substituieren. Mittels HTC wird aus feuchter Biomasse ein braunkohleähnliches Produkt. Dieses kann als Brennstoff oder auch als Dünger verwertet werden.

Innerhalb des Innovationsclusters sind auch völlig andere Ansätze möglich, die bisher noch nicht angedacht worden sind. Zusammen mit den Partnern können sich neue Schwerpunkte bilden. Angesprochene Zielgruppen sind die Landwirtschaft, die Lebensmittelherstellung und -weiterverarbeitung, Energieversorger, die chemische Industrie, aber auch der Anlagen-, Maschinen- und Landmaschinenbau. »Wir freuen uns sehr, dass wir die Möglichkeit erhalten haben, innerhalb eines Innovationsclusters dieses Forschungsfeld voranzutreiben. Unser Ziel ist es, wertvolle Rohstoffe aus Biomasse für die Chemie- und Energieindustrie bereit zu stellen, ohne eine Nutzungskonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion aufzubauen«, erklärt Prof. Görge Deerberg, stellvertretender Institutsleiter von Fraunhofer UMSICHT.

 

FÖRDERHINWEIS

Der Fraunhofer-Innovationscluster Bioenergy wird vom Ministerium für Wissenschaft und Forschung Nordrhein-Westfalen (MIWF) aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und mit Mitteln der Fraunhofer-Gesellschaft gefördert.