»infernum ist ein Vorzeigeprojekt in der umweltwissenschaftlichen Weiterbildung«
Seit dem Jahr 2000 bietet Fraunhofer UMSICHT in Kooperation mit der FernUniversität in Hagen das Interdisziplinäre Fernstudium Umweltwissenschaften »infernum« an. Über die letzten 20 Jahre hat sich das Weiterbildungsangebot zum gemeinsamen Erfolgsprojekt entwickelt. Nach mehrmaligen Auszeichnungen als UN-Dekade-Projekt in den Vorjahren erhielt infernum in den Jahren 2016 und 2018 von der Deutschen UNESCO-Kommission und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Auszeichnung als »Netzwerk des UNESCO-Weltaktionsprogramms Bildung für nachhaltige Entwicklung«. Nachdem die Bundesregierung den Studiengang in ihrem Bericht über Bildung für nachhaltige Entwicklung vorgestellt hat, reiht sich im Dezember die »Nationale Auszeichnung – Bildung für nachhaltige Entwicklung 2022/2023« ein. Anja Gerstenmeier, Abteilungsleiterin der UMSICHT Akademie, im Gespräch.
infernum ist in den letzten Jahren wiederholt ausgezeichnet worden. Was sind die Erfolgsfaktoren des Studiengangs?
Anja Gerstenmeier: Zum einen auf jeden Fall die Kombination aus Interdisziplinarität und Fächervielfalt. infernum bietet ein fächerübergreifendes Studium, in dem die Studierenden bedarfsgerecht, je nach Vorbildung, Interessen und Zielen, individuell die Module wählen und damit selbst die inhaltlichen Schwerpunkte setzen können. Wer zuvor beispielsweise aus der Rechtswissenschaft kommt, lernt jetzt auch die naturwissenschaftliche-technische Seite kennen und anders herum. Menschen jeglicher Fachrichtungen kommen so bei uns zusammen. Die nachhaltige Lösung von Umweltproblemen setzt disziplinenübergreifendes Denken und Handeln voraus. Das vorrangige Ziel von infernum ist es daher, die Studierenden für das Arbeiten in interdisziplinären Teams zu qualifizieren. Dafür müssen alle Beteiligten aber auch die jeweilige Sprache des Gegenübers verstehen.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die hohe Flexibilität des Studienangebots. infernum ist als Weiterbildungsstudium in besonderem Maß auf die spezifischen Bedarfe von berufstätigen Studierenden ausgerichtet. Bei infernum bietet sich ihnen die Chance, sich jederzeit einzuschreiben und Module zu belegen. Studierende sind nicht an Semester gebunden. Sie studieren, wenn sie es mit ihrem Beruf und dem Privatleben vereinbaren können. Auch wenn infernum ein kostenpflichtiger Studiengang ist, bezahlen unsere Student*innen nur die Module und Prüfungsleistungen, die sie gerade auch absolvieren. Jeder Studierende hat damit also seinen individuellen Studienverlauf mit eigenem Zeitplan.
Das klingt auch nach einem hohen organisatorischen Aufwand.
Anja Gerstenmeier: Das stimmt. Wir sind in der Abteilung UMSICHT Akademie ein kleines Team aus insgesamt vier Personen, auf das ich sehr stolz bin. Meine Mitarbeiterinnen machen eine exzellente Arbeit und ergänzen sich hervorragend mit ihren jeweiligen Stärken und Kompetenzen. Es ist unser Ziel, unsere derzeit mehr als 600 Studierenden optimal für eine nachhaltige Entwicklung zu qualifizieren, und das gelingt uns sehr gut. Wir sind ein Vorzeigeprojekt in der umweltwissenschaftlichen Weiterbildung wie die ausführliche Vorstellung von infernum im Bericht der Bundesregierung über Bildung für nachhaltige Entwicklung und die aktuelle UNESCO-Auszeichnung wieder einmal zeigen. Nach über 20 Jahren wissen wir sehr genau, was wir tun, und arbeiten dabei sehr eng mit den Kolleginnen und Kollegen der FernUniversität in Hagen und der Fraunhofer Academy zusammen. infernum ist ein sehr dynamisches Studienangebot. Wir evaluieren den Studiengang regelmäßig, passen ihn an neue Herausforderungen und Anforderungen an und nehmen das Feedback der Studierenden sehr ernst. Wir lernen immer weiter dazu.
Gibt es ein Alleinstellungsmerkmal?
Anja Gerstenmeier: Fächervielfalt, Flexibilität und Interdisziplinarität bilden in der Kombination bis heute unser Alleinstellungsmerkmal, mit dem wir uns im Bereich der umweltwissenschaftlichen Weiterbildung von anderen absetzen. So kommt es sogar vor, dass Student*innen aus anderen Studiengängen zu infernum wechseln und uns berichten, dass sie hier die Interdisziplinarität und Fächervielfalt finden, die sie immer gesucht haben.
Das können wir natürlich nur sicherstellen, indem wir kontinuierlich unser Curriculum aktualisieren und weiterentwickeln. Dafür arbeiten wir mit einem Ampelsystem. Nach zwei bis drei Jahren wird ein Modul bei uns auf den Status »gelb« gesetzt. Das ist unser Zeichen, den Inhalt auf seine Aktualität hin zu prüfen und gegebenenfalls vom Betreuenden anpassen zu lassen. Schließlich verändert sich im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit vieles in sehr kurzer Zeit.
Neben den Inhalten spielen aber auch die Lehrformate und die Kommunikation eine entscheidende Rolle. Wir verfolgen seit einigen Jahren das Konzept des Blended Learning: Die bedarfsgerechte Kombination unterschiedlicher Lehrformate wie Studienbriefe, Präsenz- und Online-Seminare sowie E-Learning-Lehreinheiten. E-Learning darf hierbei keinen Selbstzweck haben. Wir wählen die verschiedenen Lehrformate in Abhängigkeit von Inhalten und Lehrzielen zielgerichtet so aus, dass wir einen Mehrwert und optimalen Lernerfolg erreichen. Darüber hinaus bieten wir unseren Interessierten und Studierenden eine sehr individuelle Beratung und legen Wert auf Schnelligkeit, Kompetenz und Freundlichkeit in der Kommunikation.
Nachhaltigkeit rückt immer mehr in die gesellschaftliche Diskussion. Merken Sie die Auswirkungen auch bei infernum?
Anja Gerstenmeier: Die letzten zwei bis drei Jahre sind durch eine besondere Dynamik geprägt. Zum einen sind unsere Studierendenzahlen in der Corona-Pandemie nochmal gestiegen, zum anderen haben Wetterextreme das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit nochmal mehr ins Bewusstsein gerufen und Leute veranlasst, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das sind verstärkende Impulse, ich bin jedoch davon überzeugt, dass wir heute das Ergebnis aus mehr als 20 Jahren Arbeit, aufgebauter Expertise und großem persönlichem Engagement vieler Beteiligter sehen. Mit infernum haben wir ein Studienangebot geschaffen, mit dem wir Wissen und Verständnis für die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit in die verschiedensten Funktionen und Positionen in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft tragen.
Sticht ein Erfolg dabei hervor?
Anja Gerstenmeier: Besonders stolz bin ich auf das Reakkreditierungsverfahren im letzten Jahr. Das ist immer ein sehr aufwendiger Prozess, der sich über ca. ein Jahr erstreckt. Normalerweise legt die Gutachtendengruppe einem Studiengang auch Auflagen auf, was verbessert werden soll. In unserem Fall haben wir es aber tatsächlich geschafft, dass die Gutachtenden keine Auflagen, sondern lediglich Empfehlungen in ihrem Abschlussgutachten, das dem Akkreditierungsrat zur finalen formalen Entscheidung vorliegt, formuliert hat. Dass wir die Gutachtenden so begeistern und überzeugen konnten, ist wirklich sehr ungewöhnlich und besonders.