iMulch
Kunststoffe in Böden auf dem Prüfstand
Der Schwerpunkt der Diskussion um die Themen »Mikroplastik« und »Kunststoffe in der Umwelt« liegt auf der Belastung von Gewässern. Böden hingehen finden deutlich weniger Beachtung. Fraunhofer-Forschende nehmen nun die Plastikverschmutzung von Böden und Äckern durch Mulchfolien genauer unter die Lupe und betrachten die Auswirkungen auf die Umwelt. Ralf Bertling, Abteilung Photonik und Umwelt am Fraunhofer UMSICHT, stellt das Projekt iMulch vor.
Wozu werden in der Landwirtschaft Mulchfolien eingesetzt?
Ralf Bertling: Mulchfolien werden zur Beschleunigung des Pflanzenwachstums und zur Steigerung der Erträge genutzt. Die Kunststofffolien werden dazu flächig auf die Felder ausgelegt, sodass der Boden bedeckt ist. Hierdurch werden Bodenfeuchte und Bodentemperatur konserviert und reguliert. Eine Mulchfolie hat oft eine schwarze und eine weiße Seite. Die schwarze Seite wärmt den Boden bei kaltem Wetter durch Sonneneinstrahlung auf, was als Frostschutz dient und das Pflanzenwachstum fördert. So kann die Aussaat früher im Jahr beginnen und schneller geerntet werden. Landwirte und Landwirtinnen nennen das »Ernteverfrühung«. Die weiße Seite reflektiert Sonneneinstrahlung und sorgt dafür, dass der Boden nicht überhitzt und austrocknet. Überdies bremsen die Folien Unkrautwachstum, reduzieren Bodenerosion und schützen vor Schädlingen.
Nachteil der sehr dünnen Folien ist, dass diese verwittern und fragmentieren können, wodurch wiederum Mikroplastik in den Boden gelangen kann, mit bisher weitestgehend unbekannten Folgen für das Bodenökosystem.
Das Projekt iMulch untersucht die Auswirkungen auf die Umwelt von Kunststoffen im Ackerbau. Erzählen sie uns mehr darüber.
Es gibt viele Studien zu Kunststoffemissionen in Gewässern, deutlich weniger, die Böden fokussieren. iMulch ist ein Verbundprojekt, das sich mit Kunststoffeinträgen in Böden beschäftigt. Die Mulchfolien auf landwirtschaftlichen Flächen sind hierfür das Untersuchungsmodell. Mit den Projektpartnern werden Bodenproben auf Folienreste und andere Kunststoffe analysiert. Dazu wird gemeinschaftlich eine Methodik entwickelt und getestet. Getestet werden auch Alterung und Abbau von biobasierten und erdölbasierten Mulchfolien, wofür ein Bodenteststand und eine Laborkläranlage betrieben werden. Dazu werden unterschiedliche Folientypen in einer Ökobilanz verglichen. Auch die Auswirkungen von Kunststoffpartikeln auf Bodenorganismen sind ein wichtiger Punkt. Neben Erkenntnissen, was Kunststoffe im Boden bewirken, sollen Praxisempfehlungen für die Auswahl von Mulchfolien geliefert werden.
Biologisch abbaubare Mulchfolien bieten eine Alternative zur erdölbasierten Variante. Sind die Produkteigenschaften wie z. B. Wärmespeicherung und Lichtdurchlässigkeit vergleichbar?
In Deutschland beträgt das Verhältnis von konventionellen Folien zu Biofolien, die landwirtschaftlich verwendet werden, etwa fünf zu eins. Zum einen mag das am etwas höheren Preis des Bio-Pendants liegen, zum anderen vielleicht auch daran, dass ein wissenschaftlicher Produktvergleich noch nicht stattgefunden hat – was wir mit dem iMulch-Projekt ändern möchten.
Ist eine Biofolie vollständig abbaubar?
Die Hersteller*innen werben mit der Abbaubarkeit und Kompostierbarkeit der Biofolien. Die Folien können nach der Nutzung sogar auf dem Feld verbleiben und von Landwirten und Landwirtinnen in den Boden eingearbeitet werden. Fakt ist, dass die Folien auch schon vorher durch Feldbearbeitung und äußere Beanspruchung zerkleinert werden. Mit der Zeit wird eine Biofolie durch weiteren Abbau irgendwann verschwinden. Wie lang das genau dauert, kann man schlecht abschätzen, da die Zeitangaben der Hersteller oft auf Labortests beruhen. Hier wollen wir durch praxis- und realitätsnahe Tests in iMulch den Wissensstand erhöhen.
Was können wir noch tun, um den Mikroplastikgehalt in landwirtschaftlich genutzten Böden zu minimieren?
Auch durch die Aufbringung von Kompost und Klärschlamm kann Mikroplastik auf Felder gelangen. Zumindest beim Klärschlamm sollte man über die generelle Verbrennung nachdenken. Was Kunststoffemissionen durch Mulchfolien betrifft, gibt es viele Ansatzpunkte. Generell sollte das Folienrecycling verbessert werden, sowohl durch die Nutzenden als auch den Ausbau von Sammlungen. Auch beim Foliendesign könnte man ansetzen. Dickere und haltbarere Mulchfolien, die mehrfach eingesetzt werden, könnten eine Lösung sein. Der Einsatz von Biofolien sollte beworben und gefördert werden. Bei erhöhter Nachfrage würde die preisliche Differenz sinken. Auch wenn der Abbau biobasierter Folien möglicherweise länger dauert, so bestehen sie doch zumindest aus nachwachsenden Rohstoffen, mit der die Umwelt zurechtkommt.